Titel-Beleg Heft 149
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Das Titelfoto zeigt einen eingeschriebenen Ortsbrief aus Berlin. Er
ist mit einer preußischblauen 2 Sgr.-Marke der vierten Ausgabe (Mi. Nr.
17 b) freigemacht. Lt. Handbuch der Preußischen Freimarken von
Bayer/Stautz handelt es sich bei diesen Marken um Marken der 1. Auflage,
die nur mit Verwendungsdaten aus 1862 vorkommen – jedenfalls bis auf
ganz wenige Ausnahmen. Das Verhältnis zu der hell- bis ultramarinblauen
Marke wird auf 1:25 geschätzt.
Die Marke wurde mit dem Ra3 „BERLIN POST-EXP. 16. 20 9 62.
4 - 5“ entwertet. Das Briefaufgabejahr ist in diesem Falle mit 1862
exakt bestimmbar. Links daneben ist in roter Farbe der zackige Stempel
„Recomandirt“ abgeschlagen.
Auf der Rückseite sehen wir einen einzeiligen Rahmenstempel „20 9 5-6 Nm“ und einen runden Ausgabestempel „20 9 6-7 Nm“.
Die Stempel der Berliner Stadtpost-Expeditionen gab es sowohl
mit römischen als auch arabischen Ziffern. Die Postexpedition 16 befand
sich ab 1.8.1862 in der Adalbertstraße 35a. Der hier benutzte schwarze
Stempel war lt. Walter Kruschel vom 2.8.1862 bis 10.10.1865 in
Gebrauch.
Im Siegel auf der Rückseite kann man als Absender eine „luth. Gemeinde zu Berlin“ erkennen.
Empfänger des Briefes ist der Superintendent C. W. Hetzel,
Hochwürden, Berlin, Sebastianstr. 56. Lt. Berliner Adressbuch aus 1862
war er 1. Prediger an der Louisenstadt-Kirche.
Aufgabeexpedition und Sebastianstraße lagen beide in Berlin-Mitte, in ca. 1 km Entfernung.
Die Louisenstadtkirche, 1752 erbaut, wurde bei einem
Luftangriff während des 2. Weltkrieges am 3. Februar 1945 stark
getroffen. Der größte Teil des Gebäudes und Inventars brannten aus. Nach
der Teilung Berlins lag die Kirche in Ostberlin. Am Ende wurde die
Ruine am 29. Mai 1964 gesprengt, weil sie im Grenzgebiet lag.
Zur Portoberechnung:
Während der Markenzeit galt, dass für die Rekommandation 2 Sgr. zum Briefporto hinzukamen.
Für sog. Orts- bzw. Stadtbriefe - das sind solche die an
Empfänger im Aufgabeort gerichtet waren - galt allerdings etwas anderes.
Bereits im Reglement von 1852 und der darauf basierenden
Zusammenstellung der Bestimmungen über den Preußischen Posttarif wurde
festgelegt, dass die Gebühr für eingeschriebene Ortsbriefe 2 Sgr. betrug
(incl. Rekommandation) - jedenfalls dort, wo es besondere
Stadtpost-Einrichtungen gab.
Im Reglement von 1860 wird als Voraussetzung für diese
Portomoderation die Existenz von besonderen Einrichtungen zur Annahme
und Bestellung von Stadtbriefen genannt.
Die genannten Voraussetzungen waren in Berlin wohl gegeben; somit ist der Brief mit 2 Sgr. korrekt freigemacht.